„Bist du mein Freund?“
Liebe Leserinnen und Leser,
die Frage „Bist du mein Freund?“ hören wir beim Beobachten von Spielphasen mehrfach täglich. Warum stellen sich Kinder diese Frage immer wieder gegenseitig und warum ist die Antwort des Spielpartners für sie so wichtig?
In erster Linie möchten die Kinder mit dieser Frage sicherstellen, dass sie von ihrem Spielpartner gemocht und akzeptiert werden. Die Frage hilft ihnen, Bindungen zu knüpfen und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu entwickeln. Insgesamt sind Freundschaften im frühen Kindesalter entscheidend für den Aufbau von sozialen, emotionalen und kognitiven Fähigkeiten, die sie ihr Leben lang begleiten.
Anzeichen wie gemeinsames Lachen, Herumalbern, füreinander einstehen, miteinander teilen und sich gegenseitig trösten zeigen, dass sich Kinder in ihrer Beziehung zueinander wohlfühlen und eine Freundschaft entstanden ist. Das pädagogische Konzept der „Offenen Arbeit“, welches alle Kindereinrichtungen der Stadt Heringen/Werra verfolgen, unterstützt die Kinder beim Schließen von Freundschaften. Im Freispiel wird jedem Kind die Möglichkeit geboten, partizipativ, also selbstwirksam, zu entscheiden, wann es welchen Funktionsraum nutzt, mit welchem Spielpartner und über welchen Zeitraum. Für Struktur und Sicherheit sorgen festgelegte Rahmenbedingungen in den Einrichtungen, zum Beispiel wie viele Kinder gleichzeitig den Turnraum nutzen können. Dennoch dürfen und müssen die Kinder während des gemeinsamen Spiels individuelle Regeln untereinander aushandeln. Mit diesem Aushandeln, zum Beispiel, wer die Mutter im Rollenspiel sein darf oder wer zuerst den roten Traktor haben darf, fördern sie ganz unbewusst, spielerisch und eigenständig ihre sozialen Fähigkeiten. Da es nicht immer leicht ist, eine zufriedenstellende Lösung für alle zu finden oder Kompromisse einzugehen, stehen wir pädagogischen Fachkräfte den Kindern immer unterstützend zur Seite. Eine gezielte Gesprächsführung unsererseits soll sie dabei unterstützen, selbstständig Lösungsstrategien zu entwickeln, um Konflikte zu lösen.
Auch die Altersmischung in den Kindertagesstätten, von 22 Monaten bis hin zum Schuleintritt bietet zudem einen großen Vorteil für das Schließen von altersübergreifenden Freundschaften. Die jüngeren Kinder sehen die älteren Kinder als attraktive Vorbilder und genießen es, von ihnen umsorgt zu werden. Sie beobachten die Älteren im Kitaalltag und ahmen deren Handlungen nach. Und die älteren Kinder? Diese freuen sich, die Jüngeren an die Hand zu nehmen und sie zu begleiten. Ihr Verantwortungsbewusstsein wird gefördert, indem sie helfen und trösten. Außerdem zeigen sie gerne, was sie bereits wissen und können.
Das sind nur wenige Indikatoren, welche uns signalisieren, wie wichtig Kinderfreundschaften (auch wenn sie nicht immer beständig sind) für die Entwicklung sind. Im Kindergarten geht es nämlich nicht nur darum, sich Dinge und Kompetenzen anzueignen, sondern auch um das Konstruieren eines Handlungskonzeptes innerhalb einer Gemeinschaft, welches den Kindern ermöglicht, Freundschaften einzugehen und zu pflegen.
Das ist ein großer Meilenstein in der sozialen und emotionalen Entwicklung und der Grundstein für gesunde zwischenmenschliche Beziehungen im Kindergarten, in der Schule und im späteren Leben.
In der Kindertagesstätte Herfa rücken wir durch Freundschaftsgeschichten, Lieder, themenbezogene Sprachkreise, Projekte und vieles mehr das Thema „Freundschaft“ immer wieder in den Fokus. Zusammen betrachten wir mit den Kindern alle Facetten dieses Themas, denn es ist sehr wichtig zu verstehen, dass neben Spaß und Freude auch Streit und Uneinigkeit dazugehören können.
Wir, die pädagogischen Fachkräfte, verstehen uns als Wegbegleiter der Kinder und sehen es als wichtige Aufgabe, sie beim Knüpfen und Pflegen erster Freundschaften liebevoll zu unterstützen.
Mit herzlichen Grüßen aus der Kindertagesstätte Herfa
Kerstin Wehner
Ansprechpartner
Kindertagesstätte Wölfershausen
Pädagogische Gesamtleitung
Klaudia Wenk-Hoyer
(06624)4513276
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